Berge statt Gegenwind, Nieselregen statt Hitze

WZ-Bericht vom 09.08.2023; Text und Bild: Martin Münzberger

In der Philosophie bezeichnet Dialektik eine Methode, die die Position, von der sie ausgeht, durch gegensätzliche Behauptungen infrage stellt, bevor am Ende beim Besten aus beiden Welten – im Idealfall – etwas noch Schlaueres entsteht.

 

Nun ist Enriko Maiwald kein Philosoph, sondern gelernter Physiotherapeut, angehender Facharzt für Allgemeinmedizin und Triathlet des TSR Olympia. Doch im Gespräch mit den 45-Jährigen – am Sonntag einziger Starter des Vereins auf der Mitteldistanz beim NordseeMan – tun sich durchaus zwei Thesen-Welten auf.

Indoor-Training mit Blick aufs Streaming-Angebot

Da wäre These Nummer 1: „Triathleten sind Einzelkämpfer“, stellt der in der Nähe von Jena aufgewachsene Neu-Wilhelmshavener fest. Und ein paar Äußerungen und Regenschauer später besteht daran kein Zweifel mehr. Maiwald trainiert am liebsten in seiner Wohnung in Altengroden – auf dem Laufband oder radfahrend auf der Rolle.

Keine Anfahrtswege, wetterunabhängig, flexible Trainingszeiten – das passt zeitlich perfekt in das Leben des Mediziners, der auf dem zweiten Bildungsweg das Abitur nachmachte, um Studieren zu können und später auch von 24-Stunden-Schichten im Krankenhaus ausgebremst wurde. Und ganz nebenbei kann Fantasy-Freund Maiwald durch das Heimtraining auch noch die eine oder andere Folge der Netflix-Staffeln von „The Witcher“ sehen.

Damit kein schiefes Bild entsteht und These Nummer 2 ins Spiel kommt: Enriko Maiwald – seit Mai 2022 in Wilhelmshaven – ist froh, sich dem Verein angeschlossen zu haben, nachdem Start Nummer 1 beim NordseeMan im Vorjahr (5:04:25 Stunden) noch „inkognito“ erfolgte. „Gerade im Schwimmen – das ist bei den Anfängern immer wieder zu sehen – hilft die qualifizierte Anleitung des Vereins im Training, um besser zu werden. Auch wenn es am Anfang irritierend ist, wenn dich jemand fragt: Was machst du da im Wasser? Aber das Beispiel zeigt: Mehr Spaß macht es in der Gruppe auch.“

Das Schwimmen war für Enriko Maiwald beim Triathlon-Einstieg die größte Hürde. „Bei meiner ersten Volksdistanz habe ich mich nur durchs Wasser geschleppt und überhaupt sehr unsystematisch trainiert.“

10 bis 15 Stunden Training pro Woche

Diese Zeiten sind mittlerweile vorbei. Maiwald nutzt kommerzielle Pläne aus dem Internet mit rund 85 Prozent Grundlagen-Ausdauer und 15 Prozent intensivem Intervalltraining – 10 bis 15 Trainingsstunden kommen wöchentlich so zusammen. Und auch ein zehntägiges Trainingslager im April auf Mallorca gehört mittlerweile zum Vorbereitungskalender. Maiwald: „Die Berge dort sind erheblich angenehmer als der Gegenwind in Carolinensiel.“

Dabeisein ist alles? Nicht für Enriko Maiwald

Das zeigt: der Ehrgeiz hat den 45-Jährigen gepackt. Deshalb müsste Maiwald eigentlich nicht mehr ausdrücklich formulieren, dass das Dabeisein ihm nicht reicht. „Ich mag es, systematisch zu trainieren und sehe, dass ich dadurch besser werde. Aber letztlich muss jeder für sich selber beurteilen, was zu ihm passt.“ Eine Einschränkung allerdings macht Maiwald, der in seiner Kindheit in Thüringen ganz viele Sportarten ausprobierte, bevor er beim Laufen und dann beim Triathlon landete. Schneller, höher, weiter – das reizt Maiwald abseits der grundsätzlichen Triathlon-Begeisterung („Ein faszinierender, süchtig machender Sport“) nicht. „Die Mitteldistanz ist ein gutes Maß, auch wenn der IronMan ja fast schon ein Volkssport geworden ist.“

Ziel ist eine Zeit von unter fünf Stunden

Stattdessen würde Maiwald lieber seine Grundschnelligkeit verbessern. Und am Sonntag unter fünf Stunden ins Ziel kommen. „Auf Grund meiner Vorbereitung und der großen Sprünge in den Einzelzeiten müsste das eigentlich klappen. Ich muss mich nur beim Radfahren bremsen. Da habe ich im Vorjahr zu viel gewollt und bin beim Laufen eingebrochen.“

Was im Übrigen am Montag nach der Mitteldistanz passieren wird, ist dem 45-Jährigen, der am Wochenende in Salzgitter mit dem TSR-Verbandsliga-Mixedteam noch einen Liga-Wettkampf bestritt, auch schon klar. „Vier Tage Muskelkater sind normal. Und am ersten Tag gehst Du eine Treppe nur rückwärts herunter.“

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