WZ-Bericht vom 04.09.2024; Text: Martin Münzberger; Bilder: privat

Alpenpässe statt einer Tour durch Norwegen

Eigentlich wollten Melanie und Sven Vanderschot zwei Wochen nach dem Ironman in Frankfurt gemütlich mit dem Camper durch Norwegen fahren. Urlaub nach den Strapazen eines Triathlons, den beide so fulminant bestritten, dass am Ende sogar ein Hawaii-Ticket im Angebot war.

Plan A musste aber Variante B weichen, weil die Wilhelmshavenerin sich und ihren Mann beim Ötztaler Radmarathon angemeldet hatte. „Ich habe von dem Rennen in einem Magazin gelesen, uns aber keine großen Chancen eingeräumt, weil die Startplätze verlost werden und der Andrang groß ist.“

Was Melanie Vanderschot wusste – und Ehemann Sven nach den ersten YouTube-Videos schwante: die Tour durch die Alpen gilt als schwerstes Hobbyrennen, das es auf der Welt gibt.

„Nach Ironman nicht noch einmal ans Limit“

Glück im Spiel, Pech an den vier Alpenpässen? Für die Wilhelmshavener galt das nicht. Melanie Vanderschot: „Wir sind vielleicht in Sachen Sport nicht die Vernünftigsten, aber uns war schon klar, dass wir so kurz nach einem Ironman nicht noch einmal komplett ans Limit gehen können. Und eine Vorbereitung auf dem Rennrad gab es quasi nicht.“

Auf den 227 Kilometern durch die Alpen war genug Zeit, um über die Variante zu Plan A nachzudenken. Melanie: „Natürlich gibt es in den Stunden auf dem Rad Phasen, in denen du dich fragst, warum du dir das antust. Aber wir haben das beide vernünftig ins Ziel gebracht. Und landschaftlich ist das Ötztal traumhaft schön und extrem abwechslungsreich.“

Zehn Stunden auf dem Rad – das teilt man sich als Starter nach der Überzeugung von Sven Vanderschot am Besten in kleine Päckchen auf. „Ein Marathon-Läufer denkt am Anfang ja auch nicht: Mein Gott, jetzt muss ich noch 42 Kilometer laufen. Für mich waren diese Teilziele die Verpflegungsstationen.“

Echte Pausen an den Verpflegungsstationen

Dort gab es eine Rundumversorgung: Trinkflaschen konnten aufgefüllt werden, Suppen oder belegte Brote waren im Angebot und wer wollte, konnte sich massieren lassen. Denn anders als im Triathlon, bei dem die Aktiven an den Stationen vorbeifahren, um keine Zeit zu verlieren, legte die Masse der Starter wie die Vanderschots dort eine Pause ein. Rund 25 Minuten „verlor“ die Wilhelmshavener bei diesen Stopps.

Zeit für einen kurzen Pause auch in der Geschichte. Eigentlich wollten die Wilhelmshavener im Vorfeld des Rennens noch einmal den anspruchsvollsten Teil der Strecke, die 29 Kilometer lange Anfahrt auf das 2474 Meter hohe Timmelsjoch mit 1800 Höhenmetern am Stück, für ein paar Trainingskilometer nutzen, ein Gewitter machte beiden aber einen Strich durch die Rechnung. Sven Vanderschot: „Vielleicht war das aber auch ganz gut. So wusste ich nicht, was genau auf mich zukommt.“

Trotz Alpenpanorama im Deluxe-Format macht Melanie Vanderschot die Anstrengungen eindrücklich klar. „Das ist schon ein Brett. Im ersten Jahr auf dem Rad solltest du das nicht machen. Am Berg habe ich vor mir einfach jemand mit dem Rad umkippen sehen.“

Die Abfahrten ging Melanie Vanderschot defensiver an als ihr Mann. „Da habe ich sicherlich viel Zeit verloren, aber die Sicherheit ging vor.“

Andere Teilnehmer sahen das wohl anders, wie Ehemann Sven auf der Abfahrt in Richtung Ziel feststellte. „Ich war zwischenzeitlich mehr als 80 Stundenkilometer schnell, aber dabei sind immer noch einige an mir vorbeigeschossen.“

Regen auf der Abfahrt wie Nadelstiche

Die Abfahrt war für Sven Vanderschot dabei aber noch aus einem anderen Grund extrem. „Auf dem Timmeljoch waren 10 Grad, nachdem es vorher zum Teil über 30 Grad warm war. Und dann hat es nur geregnet. Das war wie Nadelstiche. Und im Ziel warst du komplett durchgefroren.“

Sven Vanderschot beendete den Ötztaler Radmarathon in 9:53:37 Stunden (1240. gesamt, M 539.), Melanie Vanderschot finishte in 10:57:08 Stunden (128. gesamt, 42. Frauen).

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